Todesfälle bei Pinguinen in Zusammenhang mit Klimawandel
Verschiedene Forschungsgruppen haben Resultate über die Reproduktionsauswirkungen von Einzelstürmen oder Hitzewellen, also Ereignissen, die unmöglich mit dem Klimawandel verbunden werden können, veröffentlicht. Die Resultate der neuen Studie aber umfassen Daten aus 27 Jahren, gesammelt in Argentinien unter der Führung von Dee Boersma, Biologieprofessorin der Universität Washington (UW), und der Unterstützung der Artenschutzgesellschaft, der Universität Washington, dem Touristikbüro der Provinz Chubut (Argentinien), der Weltpinguingesellschaft und der Familie La Regina. Die Ergebnisse der Studie sind nun im Wissenschaftsjournal PLoS One veröffentlicht worden.
«Es ist die erste Langzeitstudie, die zeigt, dass der Klimawandel einen massiven Einfluss auf das Überleben der Pinguinküken und den Fortpflanzungserfolg hat», erklärt Boersma, die seit 1983 Feldarbeiten in der grössten Magellanpinguinkolonie der Welt geleitet hat. Diese Kolonie liegt etwa in der Hälfte der argentinischen Atlantikküste bei Punta Tombo und bietet Platz für rund 200'000 Brutpaare, die von September bis Februar ihre Jungen dort aufziehen.
Die Studie zeigt, dass innerhalb der 27 Jahre rund 65 Prozent der Jungen jedes Jahr gestorben sind, davon rund 40 Prozent an Hunger. Der Klimawandel, ein relativ neuer Grund für Kükensterblichkeit, war für durchschnittlich 7 Prozent der toten Küken verantwortlich. Aber es gab Jahre, wo er der häufigste Grund mit 43 Prozent in einem Jahr und sogar 50 Prozent in einem anderen war. Verhungern und das Wetter werden immer mehr miteinander verbunden sein, wenn sich das Klima verändert, sagt Boersma weiter. «Verhungernde Küken sterben wahrscheinlicher in einem Sturm», sagt sie. «Es gibt nicht viel, das wir tun können, um den Klimawandel abzuschwächen. Aber es könnten Schritte unternommen werden, damit die grösste Kolonie von Magellanpinguine genügend Futter findet kann, beispielsweise durch die Errichtung von Meeresschutzzonen mit Fischereiregelungen, wo die Pinguine während der Brutzeit auf Nahrungssuche gehen können».
Regenfälle und die Anzahl Stürme pro Brutsaison haben bereits zugenommen im Bereich der argentinischen Studienstelle, erklärt Ginger Rebstock, die zweite Autorin der Arbeit und Forschungsassistentin an der UW. Zum Beispiel: während der ersten zwei Dezemberwochen, wenn alle Jungen weniger als 25 Tage alt und am anfälligsten für Todesfälle durch Stürme sind, haben die Anzahl Stürme zwischen 1983 und 2010 zugenommen. «Wir werden Jahre erleben, wo praktisch keine Jungen überleben werden, wenn während der Brutsaison die Stürme häufiger und stärker werden, wie von Klimatologen vorhergesagt», meint Rebstock weiter.
Magellanpinguine sind mittelgrosse Pinguine mit rund 50 Zentimeter und wiegen etwa 4 Kilogramm. Die Rufe der Männchen hören sich wie Eselsschreie an. Magellanpinguine und 9 weitere Arten von den 17 bekannten Pinguinarten brüten nicht in den polaren Gebieten, sondern an relativ trockenen und moderat warmen Stellen. Punta Tombo war beispielsweise so trocken, dass nur rund 100 Millimeter Niederschlag während der Brutsaison fiel, manchmal sogar gar kein Regen. Denn Regen ist ein Problem und unterkühlen die Daunen-bestückten Küken, wenn sie zwischen ihrem 9 und 23 Lebenstag (November – Dezember) nass werden, was im Extremfall zu ihrem Tod führen kann. Wenn die Jungen 25 Tage und älter werden, sind sie eher geschützt, da sie dann ihr Jugendgefieder ausbilden. Sollten aber die Jungen zu Beginn der Brutsaison sterben, legen die Eltern in diesem Jahr kein weiteres Ei mehr.
Die Resultate der Studie von Boersma und Rebstock basieren auf Wetterinformationen, die am regionalen Flughafen und von Forschern im Feld gesammelt wurden und auf Zählungen der Pinguine in der Kolonie. Während der Brutsaison besuchen die Forscher die Nester ein- oder zweimal pro Tag, um zu schauen, was passiert ist und sie zeichnen die Inhalte der Nester auf und suchen die Jungen, wenn sie in der Kolonie sich bewegen. Wenn Küken verschwinden oder tot aufgefunden werden, untersuchen die Wissenschaftler die Todesursache wie beispielsweise verhungern oder die Jagd durch einen Räuber.
Im Jahr 2013 habe die Hitze einen grösseren Tribut gefordert als Stürme, erklärt Boersma, die gerade von einem 2-monatigen Feldaufenthalt zurückgekehrt ist. Solche Unterschiede zwischen den Jahren ist der Grund, warum die Opferzahlen des Klimawandels keine schöne gerade Linie bildet, die jedes Jahr einfach ansteigt. Über einen längeren Zeitraum aber erwarten die Forscher, dass der Klimawandel eine immer stärker werdende Todesursache sein wird.
Ein weiterer Grund für die steigende Zahl an Todesfällen durch den Klimawandel ist die Tatsache, dass in den letzten 27 Jahren die ausgewachsenen Tiere immer später beim Brutgebiet angekommen sind. Eine Erklärung für dieses Verhalten liegt eventuell in der späteren Ankunft von Fischen in dem Gebiet, meint Boersma weiter. Je später die Küken schlüpfen, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie immer noch ihr Daunengefieder besitzen, wenn die Stürme im November / Dezember die Gebiete erreichen.
Neben der Küste von Argentinien brüten Magellanpinguine auch auf der chilenischen Seite von Südamerika und auf den Falklandinseln. Diese Gebiete teilen sie sich mit weiteren 60 verschiedenen Seevogelarten, die mit grosser Wahrscheinlichkeit unter den gleichen negativen Auswirkungen des Klimawandels leiden werden und ganze Generationen verlieren werden, wie es bei den Pinguinen bereits geschehen ist, schreiben die Autoren. «Die zunehmende Zahl an heftigen Stürmen sind nicht nur schlechte Neuigkeiten für die Pinguine, sondern für viele andere Arten auch».
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