Antarktisches Tageslicht beeinflusst Schlaf- und Wachhormone
Die kontinuierlichen Tageslichtbedingungen im antarktischen Sommer sind dafür bekannt, physiologische Funktionen wie Schlafmuster und der Melatoninausschüttung, die mit dem zirkadianen Rhythmus und Schlaf verbunden ist, zu stören. Eine neu veröffentlichte Studie liefert nun Informationen, warum Menschen in dieser Region schlecht schlafen und deutet an, dass das Sozialverhalten auch eine Rolle spielt. Die Studie, die vor dem Druck in der Fachzeitschrift Journal of Applied Physiology auch online veröffentlicht wurde, ist zum APSselect Artikel dieses Monats erkürt worden.
Während einiger Monate im Jahr erlebt Antarktika 24 Stunden Tageslicht und keine Dunkelheit, genannt antarktischer Sommer zwischen November und Februar. Ein Expeditionsteam auf dem Kontinent verfolgte seine üblichen Tagesroutinen und stellte sich freiwillig für eine Schlafstudie während der Nacht zur Verfügung. Belgische Forscher überwachten die Schlafphasen der Freiwilligen und die Cortisol-Ausschüttungen (ein Stresshormon, das auch mit der Wachphase verbunden ist) und die Melatoninmengen.
Unter normalen Umständen starten wir die Nacht mit proportional mehr Tiefschlaf, der unseren Körper physisch ausruhen lässt. Wenn der Morgen naht, bestehen die Schlafmuster mehr aus Traumphasen. Das Forschungsteam dieser Studie fand heraus, dass bei Arbeitern in der Antarktis das Umgekehrte der Fall war – die Traumphase kam früher und der Schlaf endete mit einer Tiefschlafphase am Morgen. Zusätzlich war die Melatoninausschüttung, ein Prozess, der einem normalerweise beim Einschlafen hilft, um mehrere Stunden verspätet. Melatonin ist lichtsensibel und wird normalerweise bei Dunkelheit ausgeschüttet. Mitglieder des Expeditionsteams beschrieben auch „Morgenmüdigkeit, die mit dem Sonnenlicht immer weniger wurde“. Dies könnte mit der verzögerten Melatoninausschüttung zusammenhängen, die zuerst im Körper beim Aufwachen noch hoch war, erklärt Nathalie Pattyn, die Hauptautorin der Studie. Zur Überraschung der Forscher blieb aber der Cortislospiegel normal und die höchsten Mengen wurden morgens ausgeschüttet. Typischerweise haben aber Melatonin- und Cortisolmengen eine gegensätzliche Beziehung: Wenn das eine hoch ist, ist das andere niedrig. Der gemeinsame Arbeitsplan der Teammitglieder, bei denen alle entweder schliefen oder arbeiteten, verhinderte eine verzögerte Cortisolausschüttung. Hätten die Teammitgileder unterschiedliche Arbeitspläne gehabt, wäre die Ausschüttung verzögert gewesen. Diese Resultate rechtfertigen weitere Studien darüber, wie Sozialverhalten die physiologischen Funktionen beeinflusst, meint Pattyn, da sie zeigen, „dass die Geschichte hinter den Schlafstörungen in der Antarktis komplizierter ist, als nur einfach dem Sonnenlicht dauernd ausgesetzt zu sein.“
Quelle: American Physiological Society