Riesiger Eisberg steht kurz vor seiner Geburt in der Antarktis
Vor rund zwei Jahren wurde ein riesiger Riss im Larsen C Eisschelf auf der Ostseite der antarktischen Halbinsel entdeckt. Nun haben Wissenschaftler herausgefunden, dass der Riss sich in den letzten Monaten schneller als erwartet vergrössert hat. Lediglich 20 km Eis sind noch übrig, bevor einer der grössten Eisberge entstehen wird. Satellitenaufnahmen vom Dezember 2016 zeigen, dass der resultierende Eisberge eine Fläche von mehr als 5‘000 km2 umfassen wird und bald abbrechen wird.
Forscher der British Antarctic Survey sind an einer Langzeitüberwachungsstudie beteiligt, die Eisschelfe beobachten, und zwar von oben und von unten, um die Gründe und Implikationen der schnellen Veränderungen, die in der Region stattfinden, zu untersuchen. Während der gegenwärtigen antarktischen Saison ist ein Team von Glaziologen auf dem Larsen C Eisschelf gewesen, um den Meeresboden unter dem Schelf mit seismischen Methoden zu untersuchen. Da ein Abbruch sehr wahrscheinlich war, schlug das Team kein Camp auf dem Schelf auf, wie sonst üblich, sondern unternahmen Flüge von der nahegelegenen britischen Station Rothera. Das übergeordnete Projekt MIDAS, welches den Einfluss der Schmelze auf die Dynamik und die Stabilität von Eisschelfen untersucht, wird von Forscher der Swansea Universität geleitet.
Unter normalen Umständen produzieren Eisschelfe alle paar Jahrzehnte einen Eisberg. Beim drohenden Abbruch am Larsen C Eisschelf ist man sich jedoch nicht sicher, ob es ein Effekt des Klimawandels ist oder nicht. Obwohl es stichhaltige wissenschaftliche Beweise gibt, dass das Schelf durch den Klimawandel dünner geworden ist. Die andere grosse Frage ist, ob das gesamte Eisschelf nach dem Abbruch kollabieren wird. Dies wird von Wissenschaftlern der BAS untersucht und der Grund, warum Glaziologen am Larsen C Schelf eingesetzt worden waren. Professor David Vaughan OBE, Wissenschaftsleiter am BAS, erklärt: „Der Abbruch dieses riesigen Eisbergs könnte der erste Schritt sein, der zum Zusammenbruch des Larsen C Schelfs führt. Dies würde das Auseinanderbrechen einer riesigen Eisfläche und die Entstehung von unzähligen Eisbergen und kleineren Eisfragmenten bedeuten. Aufgrund der Unsicherheit in Bezug auf die Stabilität des Larsen C Schelf, hatten wir entschieden, nicht dort zu lagern während der Untersuchungen. Dadurch können die Forscher nur Tagesflüge von unserer Station Rothera aus unternehmen.“
Dr. Andrew Flemming, Fernerkundungsleiter bei der BAS, meinte dazu: „Wir nutzen regelmässige Satellitenaufnahmen der europäischen Sentinel-Satelliten, um Risse im Eisschelf zu überwachen. Diese Bilder sind perfekt geeignet, um den Veränderungen zu folgen, da sie detaillierte Informationen liefern, Tag und Nacht, unabhängig von der Wolkendecke.“ Wenn der Eisberg abbricht, wird das Larsen C Eisschelf auf einen Schlag 10 Prozent seiner Gesamtfläche verlieren. Die Auswirkungen daraus auf die Schelfstabilität wie auch auf den Meeresspiegel und auf andere Bereiche sind noch gar nicht abzusehen.
Quelle: British Antarctic Survey, / NASA