Zum Hauptinhalt springen

Expedition Nimrod (1907 – 1909)

Geschrieben von Heiner Kubny am . Veröffentlicht in Sir Ernest Henry Shackleton.

Neuer Aufbruch in die Antarktis. In seiner Expeditionserzählung «The Heart of the Antarctic», welche die Erlebnisse der ersten von Shackleton geleiteten Antarktis-Expedition wiedergeben, erwähnt er als Motivation für den erneuten Aufbruch nach Süden einzig die Erweiterung des Wissens über diesen noch unbekannten Kontinent

«Ich war überzeugt, dass eine zweite Expedition die Arbeit, der «Expedition Discovery» fortsetzen sollte… die südlichen Grenzen des Ross-Schelfeises waren noch unentdeckt geblieben. Die Blicke vom Deck der «Discovery» auf das King Edward VII Land waren für uns nicht ausreichend gewesen, um dessen Art noch Grenzen zu bestimmen… Im Bereich der Meteorologie war noch viel zu tun, und diese Arbeit war besonders für Australien und Neuseeland von grosser Bedeutung, denn bestimmte Wetterverhältnisse in diesen Ländern haben ihren Ursprung in der Antarktis. Die antarktische Zoologie, wenn auch bezüglich ihres Artenumfangs etwas begrenzt, hat viele interessante Aspekte, und ich wollte die Zeit nicht nur der generellen Geologie, sondern auch der Mineralogie widmen…» Das heimliche Hauptziel war jedoch erneut das Erreichen des Südpols.
Die Finanzierung der Expedition war mühselig. So konnte etwa das vorgesehene Schiff nicht gekauft werden, und die Verwendung der weniger geeigneten «Nimrod» führte zu Verzögerungen. Erst im Frühjahr 1907 hatte Shackleton – auch dank der Unterstützung der neuseeländischen und australischen Regierung – ausreichend Mittel für eine erneute Expedition in die Antarktis beisammen.

Nimrod-Huette


Der Ablauf der Expedition

Shackleton erreichte Anfang Februar 1908 Ross-Insel bei Kap Royds. Hier errichtete er sein Basislager, nur 30 km nördlich von Scotts Basislager während der «Expedition Discovery». Die Nimrod kehrte nach Neuseeland zurück. Nach kleineren Expeditionen ins Umland, darunter die Besteigung des Mount Erebus, überwinterte das Expeditionsteam im Basislager und widmete sich hauptsächlich meteorologischen und geologischen Beobachtungen.
Sobald die Verhältnisse es zuliessen, brachen zwei Expeditionsteams auf. Shackleton führte eine Gruppe auf einer geplanten Wegstrecke von 2.700 km in Richtung des geografischen Südpols, ein zweites Team, die Nord-Mannschaft, nahm Kurs auf den magnetischen Pol.
Die Nord-Mannschaft konnte die ersten Kilometer mit einem Motorschlitten zurücklegen, ging nach technischen Problemen aber bald zu Fuss weiter. Da ihnen keine Zugtiere zur Verfügung standen, mussten die Männer ihre Ausrüstung selbst ziehen. Trotz mangelhafter Verpflegung und einiger Unfälle konnten sie am 16. Januar 1909 den Union Jack am magnetischen Südpol hissen und erreichten am 5. Februar die Küste am vereinbarten Treffpunkt mit der «Nimrod».

Der 2. Versuch, den Südpol zu erreichen


Nimrod-Expedition-1Shackleton versuchte – diesmal gemeinsam mit Frank Wild, Eric Marshall und Jameson Adams –, den Südpol zu erreichen. Er hatte viel durch die Teilnahme an der «Expedition Discovery» gelernt, trotzdem erscheinen die von ihm getroffenen Vorbereitungsmassnahmen aus heutiger Sicht als unzureichend. Erneut hatten die Mitglieder des Teams wenig Erfahrung im Umgang mit Skiern. Die mitgebrachte Bergsteigerausrüstung erwies sich als ungeeignet. Und aufgrund der schlechten Erfahrungen, die Shackleton während der «Expedition Discovery» mit Schlittenhunden gesammelt hatte, setzte er jetzt mandschurische Ponys ein. Sie erwiesen sich als gleichfalls wenig geeignet: Sie kamen mit den Schnee- und Eisbedingungen nicht zurecht und waren von vornherein in einem schlechten Gesundheitszustand. Die Ponys wurden nach und nach erschossen und verzehrt.
Trotzdem gelang es den vieren, sich bis zur Breite 88° 23' Süd vorzukämpfen. Mit Blick auf die Vorräte und ihre schwindenden Kräfte entschied Shackleton sich, nur 180 km vom Südpol entfernt umzukehren. Eine Entscheidung, die aufgrund ihrer Rationalität heute noch als bemerkenswert eingestuft wird. Auf dem Rückweg mussten zwei Männer, durch Krankheiten und Hunger geschwächt, zurückgelassen werden. Shackleton erreichte das Basislager, kontaktierte die «Nimrod» und schaffte es, die zurückgelassenen Männer zu retten.
Drei Jahre lang gebührte Shackleton die Ehre, derjenige zu sein, der am weitesten nach Süden vorgedrungen war. Die von ihm gefällte Entscheidung, noch vor Erreichen des Südpols umzukehren, begründete er mit der Aussage:
«Better a live donkey than a dead lion. (Besser ein lebender Esel als ein toter Löwe.)»