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Tragisches Ende der ersten Solo-Durchquerung Antarktikas ohne Unterstützung

Geschrieben von Dr. Michael Wenger am . Veröffentlicht in Expeditionen.

Henry Worsley, ein Nachfahre des bekannten Kapitän Frank Worsley von Shackletons Schiff «Endurance» hatte versucht, als erster Mensch Antarktika allein und ohne Unterstützung zu durchqueren. Nachdem er über 1‘400 Kilometer in 71 Tagen zurückgelegt hatte, wurde Worsley krank und musste evakuiert und ins Krankenhaus gebracht werden. Dort verstarb er am 24. Januar  2016 nach einem mehrfachen Organversagen.

Sir Ernest Shackleton war der erste Mensch, der auf seiner bekannten aber verhängnisvollen «Imperial Transantarctic Expedition» 1914 – 1917 versucht hatte, den antarktischen Kontinenten zu durchqueren. Die Geschichte von Entbehrung, Beinahtod und mirakulöser Rettung ist in die Annalen der Antarktisentdeckungen gegangen. Über 100 Jahre später versuchte ein Nachfahre von einem Mitglied von Shackletons Mannschaft, Henry Worsley, das ehrgeizige Unternehmen zu wiederholen und die Expedition im Geiste von Shackleton zu beenden, jedoch allein und ohne Unterstützung. Die Expedition von Worsley hatte jedoch auch einen karitativen Charakter: Worsley hatte über £100‘000 für The Endeavour Fund, eine Wohltätigkeitsorganisation für verwundete britische Soldaten, gesammelt. Denn Worsley hatte selbst 36 Jahre in der britischen Armee gedient und war erst vor kurzem zurückgetreten. Er hatte auch schon mehrere Expeditionen in die Antarktis durchgeführt und geleitet, bei denen er auf den Spuren von Scott, Amundsen und seinem persönlichen Helden Shackleton zum Südpol marschiert war.

Am 13. November 2015 startete Henry Worsley von Berkner Island im Weddellmeer zu seiner Expedition, um zum ersten Mal allein und ohne Unterstützung den antarktischen Kontinenten zu durchqueren. Er rechnete mit rund 75 – 80 Tage  für die gesamte Expedition, die ihn vom Weddellmeer via Südpol zum Rossmeereisschelf bringen sollte. Nach 71 Tagen und 1‘1469 Kilometern unter teilweise extremen Wetterbedingungen und immer schlechter werdenden Gesundheitsbedingungen, entschied Worsley, „den Riegel vorzuschieben“ (wie Shackleton gesagt hatte) und sich evakuieren zu lassen. Er war nur noch 48 Kilometer von seinem Ziel entfernt gewesen.

Nachdem er zu einem Lager der Firma Antarctic Logistics & Expedition (ALE) bei Union Glacier gebracht und gegen Erschöpfung und Dehydrierung behandelt worden war, wurde er am 23. Januar nach Punta Arenas zur weiteren Behandlung ausgeflogen. Dort stellten die Ärzte eine bakterielle Bauchfellentzündung fest und er wurde für eine Operation am folgenden Tag vorbereitet. Doch traurigerweise verstarb Henry Worsley am Sonntag, 24. Januar. Seine Ehefrau Joanna lies folgende Erklärung verlautbaren: «Mit herzzerbrechender Traurigkeit lasse ich sie alle wissen, dass mein Ehemann Henry Worsley aufgrund multiplem Organversagen verstorben ist. Trotz aller Bemühungen von ALE und dem medizinischen Team an der Clinica Magallanes in Punta Arenas. Doch Henry hatte seine Shackleton Solo Ziel erreicht: mehr als £100‘000 für «The Endeavour Fund» zu sammeln, um so seinen verwundeten Kameraden zu helfen; und beinahe die erste Nicht-unterstützte Alleindurchquerung Antarktikas zu vollbringen. Eine Durchquerung unter besonders schwierigen Wetterbedingungen, um den 100. Jahrestag von Sir Ernest Shackletons Endurance Expedition zu zelebrieren, seinem Helden. Im Namen meiner Familie und mir möchte ich all den hunderten von Menschen danken, die ihre volle Hilfe an Henry gegeben hatten, besonders bei seiner letzten Herausforderung, und ihrer besonderen Grosszügigkeit gegenüber dem Endeavour Fund. Die Spenden betragen nun £106‘773.“

Der Endeavour Fund ist eine Wohltätigkeitsorganisation unter der Schirmherrschaft der Royal Foundation des Herzogs und der Herzogin von Cambridge, Prinz William und Katherine und Prinz Harry. Beide haben in einer Erklärung ihre Trauer und ihre Kondolenzwünsche an die Familie Worsley ausgesprochen. Der Herzog schreibt darin weiter: «Wir haben einen Freund verloren. Aber er wird uns immer eine Quelle der Inspiration sein, besonders denjenigen, die von seiner Unterstützung des Endeavour Funds profitieren werden.»

In seinen letzten Worten aus Antarktika via Satellitentelefon erklärte Henry Worsley selbst: «Ich war zu dieser Reise aufgebrochen, um den ersten nicht unterstützten Durchquerungsversuch der Antarktis zu unternehmen, eine Höchstleistung, die noch niemals zuvor erreicht worden ist. Aber viel wichtiger war es, den Endeavour Fund zu unterstützen und so verwundeten Soldaten die Rehabilitation zu ermöglichen. Ich war selber 36 Jahre lang Soldat und dies war ein Weg, etwas an diejenigen zurückzugeben, die weniger Glück hatten als ich. Die 71 Tage allein in der Antarktis mit über 1‘450 zurückgelegten Kilometern und das Nachlassen meiner physischen Kraft haben nun ihren Tribut gefordert und mit grosser Traurigkeit muss ich das Ende meiner Reise ankündigen – so nahe an meinem Ziel.»

Quelle: Shackleton Solo Communcation Team