Zum Hauptinhalt springen

Hunderte gleiche Arten in Arktis und Antarktis

Geschrieben von Heiner Kubny am . Veröffentlicht in Fauna & Tierwelt.

Eisbären und Pinguine haben einander zumindest in freier Wildbahn noch nie gesehen. Die einen leben am Nordpol, die anderen bevorzugen die Meere der Südhalbkugel. Andere Arten hingegen haben sowohl in der Arktis als auch in der Antarktis ihre Heimat gefunden. Gleich 235 von ihnen haben nun Meeresforscher entdeckt. Darunter befinden sich Meeresschnecken und Krebse, wie die Wissenschaftler des «Census of Marine Life» berichten.

13.000 Kilometer voneinander entfernt

Von bestimmten Walen und verschiedenen Vogelarten war schon bisher bekannt, dass sie sowohl Arktis als auch Antarktis bevölkern. Dass aber auch zahlreiche Meereswürmer, -schnecken und -krebse 13.000 Kilometer voneinander entfernt leben, ist nicht nur neu, sondern wirft auch neue Fragen auf: Wo ist der Ursprung der Arten und wie sind sie zu den entgegengesetzten Polen gewandert?
Untersuchungen und Vergleiche des Erbguts sollen zeigen, ob es sich tatsächlich um idente Lebewesen handelt, in ihrem Aussehen sind sie sich jedenfalls gleich. Im Folgenden einige Beispiele, die vom «Census of Marine Life» stammen.

Ernährung dank Schleimnetz

Limacina-heliciniaLimacina helicinia ist eine bohnengrosse schwimmende Schnecke, die sowohl in den Meeren der Antarktis als auch der Arktis vorkommt. Für ihre Ernährung sondert sie aus ihren paddelförmigen Fussflügeln ein Schleimnetz ab, in dem sich Algen und andere Teilchen verfangen.



Schnecken jagen Schnecken

Clione-limacinaAuch die schalenlose Meeresschnecke Clione limacina scheint eine Bewohnerin von Süd- und Nordhalbkugel zu sein. Sie jagt ausschliesslich andere Schnecken, wie die zuvor abgebildete Limacina helicinia.



Krebs mit männlicher Antenne

Mimonectes-sphaericusMimonectes sphaericus ist ein Krebs, der sowohl in der Arktis als auch in der Antarktis lebt. Seine schwertähnliche Antenne ziert nur die männlichen Exemplare.


Kälteliebender Krebs

Gaetanus-brevispinusDer Krebs Gaetanus brevispinus kommt zwar in allen Teilen der Weltmeere vor, am öftesten gefangen wird er aber in polaren Wassern, da hier seine bevorzugten tiefen Temperaturen näher an der Oberfläche liegen. In mittleren Breitengraden kommt der Krebs hingegen in einer Tiefe von 3.000 Metern vor.


Fische wandern wegen Klimawandel polwärts

Weitere Ergebnisse des aktuellen Statusberichtes der Biologen: «Der Meeresboden rund um die Antarktis scheint biologisch ähnlicher zu sein, als bisher angenommen. Ausserdem zieht eine Reihe von Fischarten, die kalte Gewässer bevorzugen in Richtung Pole - Grund dürfte der Anstieg der Wassertemperaturen sein.
Bis 2050 werde sich der Kabeljau-Bestand an der US-Küste halbieren», berichtet William Cheung von der britischen Universität East Anglia. Er und sein Team von Meeresbiologen erarbeiteten die bisher ausführlichste Studie über den Einfluss globaler Erwärmung auf marine Fischpopulationen. Journal "Fish and Fisheries", 13. Februar 2009

Folgen für Meer und Mensch

Die Forscher entwickelten ein Computermodell, das vorhersagt wie 1.066 kommerziell genutzte Fischarten auf verschiedene Klimaszenarios reagieren. Die Fische, unter anderem Heringe und Garnelen, werden voraussichtlich polwärts in kühlere Gewässer abwandern.

Die Neuankömmlinge werden höchstwahrscheinlich die marinen Ökosysteme im Norden durcheinanderbringen, indem sie lokale Fischarten verdrängen. Die ökonomischen Folgen hätte vor allem die Dritte Welt zu tragen.

Tropische Entwicklungsländer, genauer gesagt 33 Länder in Afrika, Asien und Südamerika, deren Bevölkerung von der Fischerei abhängig ist, würde die Fischwanderung besonders hart treffen. Dort besteht fast keine andere Möglichkeit der Nahrungsbeschaffung ausser dem Fischfang. Profiteure gäbe es aber auch: Fischer der Nordsee könnten grössere Fänge erwarten.

Grösste «Volkszählung von Meeresbewohnern»

Im Jahr 2000 wurde das Forschungsprojekt «Census of Marine Life» (CoML) ins Leben gerufen. Mittlerweile handelt es sich um ein mit einer Milliarde US-Dollar gefördertes, globales Netzwerk, in dem mehr als 1.700 Experten aus 73 Ländern tätig sind und in 20 Projekten mit unterschiedlichen Aufgabenstellungen forschen. 2010 soll die bisher grösste «Volkszählung von Meeresbewohnern» beendet sein.

Census of Marine Life