Nördlichste Quelle der Welt entdeckt
Mit den nördlichsten Regionen der Erde verbindet man normalerweise eher Eis und Schnee als sprudelndes Wasser – selbst der Boden bleibt hier schliesslich das ganze Jahr hindurch gefroren. Der Permafrost in dieser Gegend reicht teils bis in eine Tiefe von 800 Meter. Dennoch bringt dieser Boden noch Wasserquellen hervor. Forscher um Stephen Grasby von der University of Calgary in Kanada haben nun die bislang nördlichste Quelle entdeckt, die das ganze Jahr hindurch fliesst. Sie befindet sich im äussersten Norden Kanadas auf Ellesmere Island und wurde von den Forscher auf den Namen «Ice River Spring» getauft.
Die Quelle entspringt an der Südseite eines namenlosen Berges. Es handelt sich bei der «Ice River Spring» den Forschern zufolge nicht um ein Rinnsal. Jede Sekunde plätschert etwa 520 Liter Wasser aus dem Gestein. Das Wasser hat eine Temperatur von etwa neun Grad Celsius und entspringt keiner Thermalquelle. Vor dem Hintergrund der eisigen Bedingungen scheint dies erstaunlich. Die Durchschnittstemperaturen liegen in dieser Region bei minus 19,7 Grad Celsius. Dennoch ist die Quelle das ganze Jahr aktiv – sogar während der finsteren Winterzeit, in der die Temperaturen auf minus 50 Grad sinken.
Geochemische Untersuchungen und Ergebnisse von Isotopenanalysen legen nahe, dass das Wasser ursprünglich von der Oberfläche stammt. Im Laufe seiner Reise gelangt es dann bis in Tiefen von drei Kilometern, bevor es wieder aufsteigt und in Form der Quelle zu Tage tritt. Das weist auf ein aktiveres Wasserkreislaufsystem in der Polarregion hin, als man bisher angenommen hat, sagen die Forscher. Es seien noch viele Fragen offen, wie sich das Wasser durch die teils 400 Meter dicken Schichten des Permafrostbodens bewegt.
Ein anderes erstaunliches Merkmal der Ice-River-Schlucht ist die bemerkenswerte Ähnlichkeit zu Schluchten, die in den mittleren Breiten auf dem Mars beobachtet wurden. Es gibt bereits Vermutungen, dass auch auf dem roten Planeten austretendes Grundwasser diese Strukturen verursacht. Vielleicht könnte es also Parallelen zwischen den Eigenschaften der nördlichsten Quelle der Erde und den fernen Schluchten des Mars geben.
Quelle: University of Calgary