Krabbeninvasion in der Antarktis
Das Wasser wird wärmer - die Krabben kommen. Forscher des englischen National Oceanography Centres haben nun vor der Küste der antarktischen Halbinsel Königskrabben entdeckt, welche wegen der Klimaerwärmung nach Süden wandern. Die Königskrabben könnten aber nur der Anfang vom Ende der Tier- und Pflanzenwelt des antarktischen Meeres sein. Meeresbiologen vermuten, dass selbst Haie sich eines Tages in die nahrungsreichen Gewässer der Antarktis ansiedeln könnten.
«Bei der letzten Abkühlung der Antarktis bis vor etwa 15 Mio. Jahren sind die meisten Prädatoren des Meeresbodens - also Raubtiere wie etwa Haie, Rochen und Krabben - ausgestorben», erklärt der Polarökologe Sven Thatje vom National Oceanography Centre im pressetext-Interview. Die Tatsache, dass die Königskrabben so nahe am Kontinentalschelf zu finden sind, ist eine Besonderheit. Diese Tiere leben normalerweise in der Tiefsee und sind perfekt an das Leben dort angepasst. «Die Physiologie der Krabben verträgt eine Minimaltemperatur von null bis ein Grad Celsius», erklärt der Forscher. Dass die Krabben jetzt plötzlich in der Antarktis auftauchen sei ein Hinweis darauf, dass sich die Wassertemperatur dort erhöht hat. «In der hochantarktischen Weddell-See herrschen Temperaturen unter null Grad, manchmal sogar bis zu minus 1,7 Grad», erklärt der Wissenschaftler.
In einem Lebensraum wie dem antarktischen Schelf, in dem alle grossen Prädatoren wie Raubfische oder andere Räuber vor langer Zeit ausgestorben sind, können die Königskrabben als Allesfresser grosse Schäden anrichten. «Die Krabben sind Nahrungs-Generalisten und nehmen gerne Muscheln, Schnecken oder andere Weichtiere», so Thatje. «Durch die ungünstigen Bedingungen in dem kalten Wasser sind Muscheln und Schnecken sehr dünnschalig, was sie noch empfindlicher macht», betont der Wissenschaftler. «Am antarktischen Schelf stehen Seesterne an der Spitze der Nahrungskette.» Im Vergleich zu anderen Lebensräumen gebe es im Südpolarmeer immer noch verhältnismässig wenige Bioinvasoren. «Einige davon stammen mit grosser Sicherheit aus Ballastwassertanks von Schiffen», zeigt sich Thatje überzeugt.
Thatje hat am Isis-Projekt des National Oceanography Centres mitgearbeitet. Die Expedition mit dem unbemannten Roboter U-Boot hat erstmals genaue Unterwasserbilder vor der Marguerite Bay an der Westküste der antarktischen Halbinsel geliefert. Bis zu einer Tiefe von 3.500 Meter war Isis unterwegs. «Bisher war Tiefseeforschung in der Antarktis immer nur ein Fischen im Dunkeln nach dem Zufallsprinzip», erklärt der Forscher, der gemeinsam mit dem Tiefseebiologen Paul Tyler erstmals genaue Einblicke ins Unterwasserleben im Südpolarmeer gewinnen konnte. «Die visuellen Möglichkeiten des ferngesteuerten U-Boots geben tatsächlich nachhaltige Einblicke in ein bisher unbekanntes Terrain», meint der Forscher. «Selbst über den Mond wissen wir besser Bescheid als über weite Teile der Tiefsee.»
Quelle: pressetext, austria