AWI testen satellitengestützte Verfahren
Der starke Rückgang des arktischen Meereises im Sommer eröffnet für die Schifffahrt neue Seewege, die sowohl die Erschliessung fossiler Ressourcen als auch eine Verkürzung der Fahrtzeiten von Handelsschiffen ermöglichen. Diese neuen Seerouten bergen jedoch hohe Risiken: Temperaturen um den Gefrierpunkt, Stürme und Eisberge stellen eine Herausforderung für Besatzung und Schiffe dar. Durch die fehlende marine Infrastruktur in diesen Gebieten würden sich im Notfall die Such- und Rettungsaktionen Verunglückter sehr schwierig gestalten. Darüber hinaus gibt es derzeit nur unzureichende Echtzeitinformationen, die von Schiffen für die Navigation durch die Polarmeere genutzt werden können.
Um die Sicherheit auf Seewegen zu erhöhen, entwickelt das DLR satellitengestützte Verfahren. Grundlange hierfür bilden die hochauflösenden Bilder, die von den Radar-Satelliten TerraSAR-X und TanDEM-X geliefert werden. Diese Bilder werden vom Satelliten an die Bodenstation Neustrelitz übertragen und dort im Echtzeitdatenzentrum verarbeitet. «Hierzu entwickelten wir eine entsprechende Nahe-Echtzeit Prozesskette», sagt Egbert Schwarz vom Echtzeitdatenzentrum am DLR-Standort Neustrelitz. Mittels eines in der DLR-Forschungsstelle Bremen entwickelten Algorithmus werden die Daten automatisch auf das Vorhandensein von Schiffen geprüft. «Die integrierte Lösung beinhaltet einen vollautomatisierten Auslieferungsprozess, der die Produkte direkt nach der Prozessierung an das Schiff sendet. Dabei werden gleichzeitig auch Eisberge klassifiziert und als potentielle Gefahr markiert», ergänzt Egbert Schwarz.
Inwieweit sich dieses Verfahren anwenden lässt, testen DLR und AWI derzeit mit dem Forschungsschiff «Polarstern», das sich gerade im Weddell-Meer am antarktischen Kontinent aufhält. Hintergrund der Polarstern-Expedition ist die Untersuchung der Beziehung zwischen der winterlichen Meereisbedeckung und der Populationsdynamik von antarktischem Krill, einer Krebstierart. «Die Satellitenaufnahmen helfen uns sowohl die beste Fahrtroute durch das Eis zu finden, als auch geeignete Schollen zu identifizieren, auf denen dann mehrtägige wissenschaftliche Experimente durchgeführt werden können», sagt AWI-Meereisphysiker Thomas Krumpen. Darüber hinaus messen er und sein Team an Bord Polarsterns die Mächtigkeit des Eises mit Hilfe des am AWI entwickelten helikoptergestützten Eisdickenmessgerätes «EM-Bird», denn die Dicke des Meereises lässt sich bis dato nur unzureichend genau mit satellitengestützten Verfahren bestimmen. Die Kombination von Eisinformationen, gewonnen vom Helikopter-Messgerät und Satellit, sollen später der Maritimen Forschungsstelle des DLR in Bremen und dem Institut für Mikrowellen und Radarsysteme in Oberpfaffenhofen als Grundlage für Verbesserungen des Verfahrens dienen. Die Kooperation von DLR und AWI in diesem Bereich soll in der nächsten Zeit bei weiteren Forschungsfahrten, auch in die Arktis, fortgesetzt werden.
Quelle: AWI, Bremerhaven