Eisverlust mit Tiefenwirkung
Ältere Studien haben bereits gezeigt, dass die Erde zurückfedert, weil der darüber liegende schwere Eisschild aufgrund des Klimawandels schmilzt. Diese Bewegung der Erde wurde bisher als eine unmittelbare elastische Antwort verstanden gefolgt von einer langsamen Aufwärtsbewegung über mehrere tausend Jahre. Aber GPS-Daten die von einem internationalen Forschungsteam, bestehend aus Fachleuten der Universitäten Newcastle, Durham, Tasmanien, Colorado, Toulouse, dem DTU Dänemark und dem Hamilton College in New York konnten zeigen, dass das Land im Bereich der antarktischen Halbinsel tatsächlich mit der phänomenalen Geschwindigkeit von 15 Millimeter pro Jahr ansteigt - viel schneller, als mit der bisherigen Theorie erklärt werden könnte. Ausserdem zeigten sie, wie der Mantel unter der Erdkruste der antarktischen Halbinsel viel schneller fliesst als erwartet, wahrscheinlich aufgrund kleiner Veränderungen der Temperatur oder der chemischen Zusammensetzung. Das bedeutet, dass es viel einfacher fliessen kann und daher viel schneller auf das leichter werdende Gewicht mehrere hundert Kilometer weiter oben reagieren kann und dabei das Gesicht der Landschaft verändert.
Zurückgehende Eismassen an der Oberfläche wirken in die Tiefen der Erde
Die Hauptautorin der Studie, Doktorandin Grace Nield von der Fakultät für Bauingenieur- und Geowissenschaften der Uni Newcastle erklärt: «Man würde erwarten, dass dieses Zurückfedern über tausende von Jahren passieren würde. Aber wir haben es stattdessen innerhalb eines Jahrzehnts messen können. Man kann beinahe zusehen, wie es geschieht und das ist einfach unglaublich. Weil der Mantel unter der nördlichen antarktischen Halbinsel viel flüssiger ist, reagiert er viel schneller darauf, was an der Oberfläche geschieht. Das heisst, weil die Gletscher ausdünnen und das Gewicht an diesen Stellen reduziert wird, drückt der Mantel die Erdkruste nach oben. Im Moment haben wir nur die vertikale Deformation untersucht. Der nächste Schritt ist die Betrachtung der horizontalen Bewegung, hervorgerufen durch das wegfallende Eis, um so ein 3-dimensionales Bild, wie sich die Erde deformiert, zu erhalten. Und wir möchten auch andere geophysikalische Daten benutzen, um die Mechanismen des Flusses zu verstehen.»
Geologisches Phänomen im Zeitraffer
Seit 1995 sind mehrere Eisschelfs im Bereich der nördlichen Halbinsel zusammengebrochen und haben zu Entlastungen der Eismassen dort geführt, was in einem Zurückfedern der festen Erdkruste resultierte. «Man muss sich das ein bisschen wie ein gedehntes Stück Elastikband vorstellen», sagt Nield, deren Projekt von der britischen NERC (Natural Environment Research Council" gesponsert wird. «Das Eis drückt auf die Erde runter und wenn sich dieser Druck verringert, springt die Kruste zurück. Was wir herausgefunden haben, war, dass im Vergleich von Eisverlust und Aufwärtsbewegung, die beiden nicht übereinstimmen – irgendetwas anderes musste dort unten geschehen sein, was die Erdkruste mit solch phänomenaler Geschwindigkeit hochdrückt.» Durch das Zusammenfügen von sieben GPS-Stationen, die über die gesamte nördliche Halbinsel verteilt sind, fand das Team heraus, dass das Zurückfedern so schnell geschieht, dass die Zähigkeit des oberen Erdmantels mindesten zehnmal niedriger als ursprünglich für die Region geschätzt sein musste und viel niedriger als im Rest der Antarktis. Professor Peter Clarke, Professor für geophysikalische Geodäsie an der Universität Newcastle und einer der Co-Autoren der Studie fügt an: «Diese Art der Deformation der Erde mit dieser Geschwindigkeit zu sehen ist einzigartig. Was besonders interessant ist, ist die Tatsache, dass wir den Einfluss des Eisverlustes auf die Felsen 350 Kilometer tiefer unten wirklich sehen können.»
Quelle: Universität Newcastle www.ncl.ac.uk/press.office