Erfolgreich Gemüse am Südpol gezüchtet
Wer in Wüsten und kalten Regionen Nahrungsmittel produzieren kann, dem sollte das auch unter den lebensfeindlichen Bedingungen zukünftiger Raumfahrtmissionen zum Mond oder Mars gelingen. Das jedenfalls ist die Erwartung der Forscher eines Projekts mit dem beziehungsreichen Namen EDEN-ISS – ISS ist auch das Kürzel für die Internationale Raumstation. Geleitet wird das Projekt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Ein Jahr verbrachte DLR-Wissenschaftler Paul Zabel im ewigen Eis, um in einem Gewächshaus Gemüse ohne Erde und unter künstlichem Licht zu züchten. Dabei war er 2018 Teil der Überwinterungscrew der Antarktisstation Neumayer III, die vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) betrieben wird. Nun hat das EDEN-ISS-Team der Öffentlichkeit die Ergebnisse des Projekts präsentiert.
Demnach kamen die Forscher mit deutlich weniger Energie aus als erwartet und fuhren zugleich eine ebenfalls unerwartet gute Ernte ein. Der Arbeitsaufwand für Betreuung und Wartung der Gemüsezucht müssen aber laut den Forschern noch deutlich gesenkt werden, um zukünftig wertvolle Astronautenzeit zu sparen. Die Wissenschaftler haben aufgrund der Ergebnisse und Erfahrungen des EDEN-ISS-Projekts ein neues Gewächshauskonzept für Mond und Mars entwickelt: Entfaltbar und kompakt für den Start mit einer Falcon-9-Rakete.
„In einem Jahr Antarktis mit unserem Gewächshaus haben wir sehr anschaulich gesehen, wie sich auf kleinstem Raum genug Nahrung generieren lässt, um die Verpflegung einer sechsköpfigen Crew mit einem Drittel frisch angebauter Lebensmittel zu kombinieren“, sagt EDEN-ISS-Projektleiter Dr. Daniel Schubert vom DLR-Institut für Raumfahrtsysteme. Paul Zabel nennt ergänzend konkrete Zahlen: „Insgesamt haben wir in neuneinhalb Monaten 268 Kilogramm Nahrung auf nur 12,5 Quadratmetern produziert, dabei unter anderem 67 Kilogramm Gurken, 117 Kilogramm Salat und 50 Kilogramm Tomaten.“ Der Geschmack des frischen Gemüses und dessen Geruch hätten, so der DLR-Forscher weiter, einen bleibenden Eindruck bei der Überwinterungscrew hinterlassen und sich sichtbar positiv auf die Stimmung im Team über die lange Zeit der Isolation ausgewirkt.
Die Leistungsaufnahme des Gewächshauses betrug im Durchschnitt 0,8 Kilowatt pro Quadratmeter Anbaufläche und war damit weniger als halb so groß wie bisher für Weltraumgewächshäuser mit 2,1 Kilowatt pro Quadratmeter angenommen. „Dies ist ein wichtiger Aspekt für einen späteren Weltraumbetrieb und lässt uns zuversichtlich in die Zukunft dieser Idee schauen“, so Projektleiter Schubert.
Drei bis vier Stunden benötigte Zabel durchschnittlich pro Tag für den Anbau der Pflanzen: „Etwa zwei Drittel der Zeit war ich mit Betrieb und Wartung der Gewächshaustechnik beschäftigt, ein weiteres Drittel benötigte ich für Aussaat, Ernte und Pflege.“ Hinzu kam die für Experimente benötigte Zeit von ungefähr vier bis fünf Stunden pro Tag. Das aeroponische Anbausystem, sprich mit Nährlösung ohne Erde, ließ die Pflanzen gut gedeihen. Einige Pumpen bereiteten zwischenzeitlich Schwierigkeiten, und die Biofilme in den Nährstofftanks waren unerwartet stark, was aber behoben werden konnte.
Nach der Rückkehr Paul Zabels nach Deutschland lag das Antarktis-Gewächshaus zunächst im „Schlafmodus“, nachdem das DLR-Team vor Ort alle Systeme im Januar 2019 gewartet hatte und der Container komplett überholt wurde. Anfang Mai weckten die Bremer Forscher dann das System ferngesteuert aus seinem Schlaf und ließen es hochfahren. Eine zuvor eingebrachte Aussaat begann zu gedeihen. „Dieser Schritt diente der Erprobung eines weiteren Raumfahrtszenarios. Denn ein potenzielles Gewächshaus wird voraussichtlich bereits vor den Astronauten eintreffen und idealerweise bereits ferngesteuert seinen Betrieb aufnehmen“, erläutert DLR-Forscher Schubert. Nun betreibt die aktuelle AWI-Überwinterungscrew das Gewächshaus weiter.
Quelle: DLR