Treibhausgase im Südpolarmeer
Methanaustritte auf Kontinenten und in Ozeanen stehen weltweit im Fokus der Forschung. Der Grund: Methan ist ein Treibhausgas, das laut Weltklimarat in der Atmosphäre 21mal stärker wirkt als Kohlendioxid. Allerdings ist unklar, wie viel Methan dem Meeresboden entweicht und ob es von dort in die Atmosphäre gelangt. Deshalb waren im Frühjahr 2013 deutsche, britische und US-amerikanische Wissenschaftlerinnen auf dem Forschungsschiff «Polarstern» unterwegs, um nach antarktischen Teilen des globalen Methanpuzzles zu suchen.
«Mit Hilfe der an Bord installierten Echolotsysteme haben wir insbesondere zwei Buchten an der Nordostküste Süd-Georgiens genauer untersucht», sagt Expeditionsleiter Prof. Gerhard Bohrmann. «Dabei haben wir in der Cumberland-Bucht, quasi in Sichtweite der historischen Walfangstation Grytviken, besonders engmaschig gemessen.»
«Auf den Echogrammen erscheinen die Emissionen der Methanbläschen als schmale Fahnen, die sich teilweise erst 25 Meter unter der Wasseroberfläche auflösen», sagt MARUM-Mitarbeiterin Dr. Miriam Römer, Erstautorin des kürzlich erschienenen Artikels. «In Wassertiefen zwischen 130 und 390 Meter konnten wir insgesamt 133 Methanfahnen identifizieren, davon mehr als die Hälfte in der Cumberland-Bucht.» Durchschnittlich waren die Fahnen etwa 70 Meter hoch. Die höchste, beinahe senkrecht vom Meeresboden in die Wassersäule perlende Gasfahne erreichte jedoch eine Höhe von 220 Meter. Allerdings gelangt nur ein geringer Teil des Methans in oberflächennahe Wasserschichten. Die Untersuchungen belegen auch, dass das bisher vor Süd-Georgien austretende Gas vermutlich nicht in die Atmosphäre gelangt und deshalb den Treibhauseffekt nicht verstärkt.
«Wir haben die obersten Schichten des Meeresbodens mit einem speziellen Echolot 'durchleuchtet'», sagt der stellvertretende Fahrtleiter Dr. Gerhard Kuhn vom Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung Bremerhaven. «Dabei zeigte sich, dass sich die Methanblasen in Aufstiegsschloten konzentrieren, bevor sie aus dem Meeresboden sprudeln. Die Zehnermeter tiefen Schlote lassen sich als helle Schatten in unseren Echolotaufzeichnungen eindeutig identifizieren.»
Die raue, von tiefen Fjorden und Buchten zerschnittene Nordostküste Süd-Georgiens bietet beste Voraussetzungen für die Entstehung von Methanfahnen. Die bis zu knapp 3.000 Meter hohen Berge der 160 Kilometer langen Insel, die eine Fläche eineinhalb mal so gross wie das Saarland einnimmt, sind von mächtigen Gletschern bedeckt. Die einst weit auf das Südpolarmeer hinaus reichenden Eisströme haben am Meeresboden tiefe Tröge ausgeschabt. Dort sammeln sich die von Land eingetragenen Sedimente. Zugleich sorgt der antarktische Zirkumpolarstrom dafür, dass Nährstoffe aus grösseren Meerestiefen in das lichtdurchflutete oberste Meeresstockwerk gewirbelt werden. Die Folgen: hohe biologische Produktivität und dementsprechend viele organische Anteile in den Ablagerungen. «Hohe Sedimentationsraten und ausreichende Mengen an organischem Material im Sediment sind Voraussetzungen dafür, dass sich auf der Basis mikrobieller Aktivität Methan bilden kann», sagt Dr. Sabine Kasten, Expeditionsteilnehmerin und Leiterin der Sektion Marine Geochemie am AWI in Bremerhaven.
Die jetzt publizierte Entdeckung ergänzt die lange und stetig anwachsende Liste der Methanquellen im Weltozean. In der Vergangenheit haben MARUM-Forscherinnen daran u.a. bereits vor Spitzbergen, im Mittelmeer, im Schwarzen Meer sowie im nördlichen Indischen Ozean geforscht. Jetzt plant das Wissenschaftlerteam eine weitere Expedition nach Süd-Georgien, denn noch sind viele Fragen ungelöst: «Die Methanquellen sprudeln unregelmässig; denkbar ist, dass ihr Rhythmus durch Gezeiten, Stürme, Erdbeben und weiteren Faktoren bestimmt wird», sagt Miriam Römer vom MARUM: «Bis wir eine Methan-Bilanz erstellen können, in der wir die Austritte in der Region quantifizieren, müssen wir noch ein gutes Stück unseres Forschungsweges zurücklegen.»
Quelle: AWI, Bremerhaven