Glaube in der Antarktis - Religion im Land des ewigen Eises
„Jenseits des 40. Breitengrades gibt es kein Gesetz, jenseits des 50. keinen Gott“. Aber selbst in der eisigen und kargen Landschaft der Antarktis haben die Entdecker und Wissenschaftler der Vergangenheit und Gegenwart Zeit für Gebet und Religion gefunden. Es gibt mindestens sieben Kirchen in der Antarktis. Dies sind die südlichsten Orte der Andacht in der Welt.
Auch in der kalten Einsamkeit der Antarktis gibt es Orte der Andacht und ein Bedürfnis für Gottesdienste. Seit den 50er Jahren werden Sakralbauten in der Antarktis errichtet, um dem Bedürfnis einer wachsenden Zahl von Christen, sich zum Gottesdienst zu versammeln, zu entsprechen. Trotz des berühmten Ausspruchs „Jenseits des 40. Breitengrades gibt es kein Gesetz, jenseits des 50. keinen Gott“ war die Erforschung des Kontinents eng mit religiösen Aktivitäten und Beiträgen von vielen Anhängern (z. B. Jesuiten Geophysikern) verbunden. Einige der frühen religiösen Gebäude sind jetzt wichtige historische Denkmäler.
Die erste offizielle christlichen Handlung in der Antarktis kam von Kapitän Aeneas Mackintosh, der ein großes Kreuz auf Windvane Hill am Kap Evans zu Ehren der drei verstorbenen Mitglieder von Sir Ernest Shackleton's 1914-1917 Imperial Trans-Antarctic Expedition errichtete. Derzeit gibt es fast 90 wissenschaftliche Stationen in der Antarktis. Die Hälfte davon ist nur in den Sommermonaten belegt, wenn die Tage in der Antarktis lang sind. Die meisten Stationen haben einen kleinen Mehrzweckraum, der als eine Ad-hoc-Kapelle dient. Mehrere Stationen und Siedlungen haben jedoch ihre eigenen Kapellen.
1. Chapel of the snows (Rossinsel, Rossmeer)
Die Kapelle des Schnees ist in McMurdo, der amerikanischen Wissenschaftsstation auf der Rossinsel. Sie wurde 1956 erbaut und nach einem Brand 1978 wieder errichtet und 1989 erneut geweiht. Es werden regelmäßig katholische und evangelische Gottesdienste angeboten. Die Kapelle ist zudem für Veranstaltungen und Treffen anderer Glaubensgemeinschaften, wie der Mormonen, Bahai und Buddhisten, offen. Die Kapelle steht den 200 Forschern und Mitarbeitern der amerikanischen Station zur Verfügung, aber sie kann bis zu 1000 Besucher fassen. Das Buntglasfenster zeigt die Umrisse der Antarktis.
2. Die Dreifaltigkeitskirche (Bellingshausen, King George Island)
Diese gemütliche russisch-orthodoxe Kirche liegt bei der russischen Bellinghausen Station auf King George Island. Neben der russisch-orthodoxen werden auch katholischen Messen gefeiert. Die malerische Kirche wurde vollständig aus russischem Zedern- und Lärchenholz gebaut, um den Minusgraden des antarktischen Kontinents zu wiederstehen. Es gibt Platz für 30 Gläubige. Zwei russische Geistliche betreuen die Gläubigen. Sie beteiligen sich auch an der Instandsetzung und baulichen Erhaltung der Kapelle. Die Besetzung wechselt alljährlich. Die Holzkonstruktion mit russischen Schnitzereien ist 15 m hoch und wurde im traditionellen russischen Stil mit Zwiebelturm erbaut. Die Messe wird in der Regel in Spanisch oder Englisch gehalten.
3. San Francisco de Assisi Kapelle (Hope Bay, Antarktische Halbinsel)
Die Kapelle zu Ehren des heiligen Franz von Assisi ist an argentinischen Esperanza Station (spanisch für „Hoffnung“) in der Hope Bay zu finden. Esperanza ist eine von dreizehn argentinischen Forschungsstationen in der Antarktis. Die Kapelle wurde 1976 gebaut und katholische Babys werden hier regelmässig getauft.
4. Chilenische Kapelle von Santa Maria Reina de la Paz (Villa Las Estrellas, Südliche Shetlandinseln)
Diese bescheidene und zweckmässige Kirche wurde ursprünglich aus wiederverwendeten Containern erbaut, die nebeneinander gestapelt Platz für bis zu 36 Gemeindemitgliedern boten. Die Gemeinde, abgesehen von den Pinguinen, kann aus bis zu 120 Gläubigen bestehen, denn in der chilenische Siedlung auf King George Island, genannt Villa Las Estrellas (spanisch: "Das Dorf der Sterne"), es ist nicht ungewöhnlich, dass hier die Mitarbeiter der Presidente Eduardo Frei Montalva-Station mit ihren Familien und Kindern leben. Sie verbringen bis zu zwei Jahre in der Antarktis, was Gottesdienste und die katechetische Unterweisung nötig macht.
5. Kapelle Iglesia de Santisima Virgen de Lujan (Marambio Station, Seymour Island)
Die Kapelle der Heiligen Jungfrau ist eine römisch-katholische Kapelle und dient der argentinischen ganzjährig besetzten Marambio Station auf der Seymour-Marambio Insel. Die permanente Stahl-Konstruktion besitzt einem Glockenturm und ein Kreuz.
6. Die katholische Kapelle in der Eishöhle (Belgrano II Station, Coats Land)
Diese katholische Kirche hat Wänden aus Eis und ist der südlichste Andachtsort der Welt. Die ganzjährig besetzte argentinischen Forschung Station Belgrano wurde 1955 auf der Coats Insel gegründet. Auf Grund ihrer südlichen Lage sind Tag und Nacht hier bis zu vier Monate lang und am Nachthimmel zeigt sich oft das Polarlicht, die Aurora australis.
7. Kapelle St. Ivan Rilski (Livingston Insel, Südliche Shetland Inseln)
Umgeben von der einer Wand aus Schnee ist die orthodoxe Kirche der bulgarischen Station St. Kliment Ohridski. Sie wurde im Jahr 1988 von einem vierköpfigen bulgarischen Team gegründet. Obwohl die Kapelle sehr einfach aussieht, hat sie eine Glocke, die vom Stellvertreter des Ministerpräsident von Bulgarien gestiftet wurde, der in der Saison 1993/94 als Arzt an der Station arbeitet.
8. St. Wolodymyr (Vernadsky Station, Antarktische Halbinsel)
Während der Saison 2010/11 wurde eine kleine orthodoxe Kapelle St. Wolodymyr (Vladimir der Große) in der Nähe der ukrainischen Vernadsky Forschungsstation errichtet. Die Kapelle wurde nach Grossprinz St. Vladimir benannt und enthält eine Ikone des Heiligen Nikolaus.
9. Die norwegisch-lutherische Kirche (Grytviken, Südgeorgien)
Dieses neugotische Kirche wurde 1913 am Rande der Walfangstation Grytviken auf Südgeorgien erbaut. Errichtet durch die Walfänger selbst bekam sie den Namen „Walfänger Kirche“. Es ist das einzige Gebäude in Grytviken, das noch immer seinem ursprünglichen Zweck dient. Die Walfangstation wurde 1966 geschlossen und nach Jahren der Vernachlässigung wurde die Kirche 1996-1998 renoviert und dient nun gelegentlich zu Gottesdienste und Trauungen.
Es ist interessant, dass es trotz der Einbeziehung von Muslimen in die Antarktisforschung durch die pakistanischen Jinnah Station keine Moscheen auf dem Kontinent oder einer der vorgelagerten Inseln gibt. Muslime in der Antarktis haben besondere Schwierigkeiten, zum Beispiel während des Ramadan, denn nach islamischem Recht ist das Fasten abhängig vom Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Diese finden während des Polartages und der Polarnacht jedoch nicht statt. Quelle: Angelo Stagnaro, National Catholic Register