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Arktische Küste auf dem Rückzug

Geschrieben am . Veröffentlicht in Forschung & Umwelt.

Die Küstenlinie in arktischen Dauerfrostgebieten reagiert auf den Klimawandel mit verstärkter Erosion und zieht sich im Durchschnitt um einen halben Meter pro Jahr zurück. Dies bedeutet grosse Veränderungen für die küstennahen arktischen Ökosysteme und die dort lebende Bevölkerung.

Küstenerosion Yukon
Schnelles und grosräumiges Auftauen eisreicher Permafrostböden lässt Geländeformen rasch erodieren, so dass Abbrüche an den Küsten entstehen.

Besonders dramatisch sind die Veränderungen in der Laptev-, der Ostsibirischen und der Beaufortsee, in denen die Erosionsraten der Küsten zum Teil mehr als 8 Meter pro Jahr betragen. Da rund ein Drittel der weltweiten Küsten im arktischen Permafrost liegen, kann die Küstenerosion in Zukunft riesige Gebiete betreffen. Arktische Küsten reagieren generell empfindlicher auf die globale Erwärmung als die Küsten gemässigter Breiten. Bisher wurden sie vor der erodierenden Kraft der Wellen durch ausgedehnte Meereisflächen geschützt. Durch den kontinuierlichen Rückgang des Meereises ist dieser Schutz gefährdet, und es muss mit schnellen Veränderungen der über Jahrtausende stabilen Situation gerechnet werden.

Zwei Drittel der arktischen Küsten bestehen nicht aus Fels, sondern aus gefrorenem Weichsubstrat (Permafrost). Und gerade solche Küsten sind besonders stark von Erosion betroffen. Zwar sind arktische Landstriche in der Regel nur dünn besiedelt. Wie nahezu überall in der Welt sind die Küsten aber auch im Hohen Norden wichtige Achsen für das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben. Wachsender Bedarf an globalen Energieressourcen wie auch zunehmender Tourismus und Gütertransport verstärken den menschlichen Einfluss auf die Küstenregionen der Arktis zusätzlich. Für Wildtierbestände wie die grossen Karibuherden des Nordens oder die weit verbreiteten Süsswasserseen in Küstennähe ändern sich die ökologischen Bedingungen mit fortschreitender Erosion erheblich.

Küstenerosion
Arktische Küsten erodieren mit einer Geschwindigkeit von bis zu acht Metern pro Jahr. Die Karte zeigt das Tempo der Erosion entlang der arktischen Küstenlinie, die am stärksten betroffenen Gebiete sind in Rot dargestellt.

Erfolgreiche Zusammenarbeit

Mehr als dreissig Wissenschaftler aus zehn Ländern waren an der Erstellung des 170 Seiten starken Zustandsberichts «State of the Arctic Coast 2010» beteiligt. «Dieser internationale und interdisziplinäre Bericht dokumentiert insbesondere auch das Interesse und die Expertise deutscher Wissenschaftler im Bereich der arktischen Küstenforschung», sagt Dr. Volker Rachold, Exekutivsekretär des IASC. «Drei der an dem Bericht beteiligten internationalen Organisationen sind in Deutschland angesiedelt. Die Sekretariate von IASC und IPA befinden sich an der Forschungsstelle Potsdam des Alfred-Wegener-Instituts für Polar und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft (AWI). Die aktuelle Studie versteht sich unter anderem als internationaler und nationaler Beitrag zum gemeinsamen Forschungsprogramm der Helmholtz-Gemeinschaft «Polar Regions and Coasts in a Changing Earth System» (PACES), das vom Alfred-Wegener-Institut und dem Helmholtz-Zentrum Geesthacht getragen wird.

Permafrost
Küsten- und Uferaufschlüsse von eisreichem Permafrost in der Laptev See auf der Mostakh-Insel.

«Als die systematische Erfassung im Jahr 2000 begann, lagen nähere Informationen gerade einmal für 0,5 % der arktischen Küsten in Dauerfrostgebieten vor», sagt Dr. Hugues Lantuit vom Alfred-Wegener-Institut (AWI). Der Geologe von der AWI-Forschungsstelle Potsdam leitet gleichzeitig das internationale Sekretariat der IPA und gehört ebenfalls zu den Koordinatoren der Studie. «Nach mehr als zehn Jahren intensiver Arbeit haben wir nun einen umfassenden Überblick über deren Zustand und Erosionsgefährdung gewonnen», so Lantuit. «Die Arktis entwickelt sich immer mehr zu einem Spiegel verschiedener Treiber des globalen Wandels und zum Zentrum überregionaler und weltweiter Wirtschaftsinteressen», sagt Dr. Hartwig Kremer, Leiter des LOICZ-Projektbüros.

Quelle: AWI, Bremerhaven