Grönlands Zukunft mit seinen Rohstoffen alles andere als sicher
Seit 2008 ein Untersuchungsbericht die ostgrönländische Küste zur viertreichsten Öl- und Gasprovinz weltweit erklärt hat, sind Bestrebungen in Gang gewesen, diese Lagerstätten zu fördern. Bis anhin waren nämlich nur an der Westküste entsprechende Sondierungen durchgeführt worden, jedoch ohne nennenswerten Resultate. Doch schon seit 1989 war ein Konsortium aus sieben verschiedenen Firmen (ExxonMobil, Statoil, BP, Japan National Oil Company, Texaco, Shell und NUNAOIL) mit der Erlaubnis von Dänemark in Ostgrönland tätig. Das Konsortium vermutete in der Region grosse Mengen an fossilen Brennstoffen und führte in den darauffolgenden Jahren entsprechende Untersuchungen durch. Im April 2011 eröffnete dann die damalige grönländische Regierung die Lizenzierungsrunde, in der jetzt das Konsortium vier Lizenzen unter sich aufgeteilt hat (siehe Karte):
- Avinngaq an Statoil, ConocoPhilips und NUNAOIL
- Amaroq an ENI, BP, DONG und NUNAOIL
- Umimmak & Nerleq an Chevron, GreenPex, Shell und NUNAOIL
In einer weiteren Runde sollen in diesem Jahr noch 15 weitere Lizenzen geprüft und vergeben werden. Doch die Zukunft ist alles andere als sicher.
Eis bremst die Förderung aus
Die Eisbedingungen in der Region sind sehr komplex und stellen für eine Rohstoffförderung im Meer die grösste natürliche Herausforderung dar. Die Framstrasse, das Gebiet zwischen Grönland und dem Svalbard-Archipel, ist nur eine von zwei Öffnungen des Arktischen Ozeans und rund 10 – 15% der gesamten arktischen Eismassen treiben dort pro Jahr hindurch. Vor allem der kalte Ostgrönlandstrom transportiert mehrjähriges, dickes Eis der Küste Grönlands entlang. Dadurch variieren die Bedingungen dramatisch, besonders in den letzten Jahren. Denn während im Osten der Framstrasse immer längere eisfreie Perioden herrschen, sind gerade in den Lizenzgebieten von 2001 bis 2011 keine einzigen eisfreien Tage notiert worden. Erst in den letzten zwei Jahren öffneten sich einige Areale zwischen Juli und August, froren aber ab September wieder schnell zu. Gerade die Erfahrungen von Shell in der Beaufort- und der Tschuktschensee haben gezeigt, dass die Eisbedingungen unberechenbar sind. Allfällige Bohrunternehmungen sind daher auf extensives Eismanagement durch Eisbrecher und andere logistische Aufwendungen angewiesen und machen das Ganze zu einer sehr kostspieligen Unternehmung.
Politische Bedenken und fiskale Hindernisse
Doch nicht nur die natürliche Landschaft stellten in Grönland die Förderung von fossilen Brennstoffen in Frage, sondern auch die politische. Die erste Lizenzierungsrunde wurde 2011 noch unter der Ägide von Kuupik Kleist als Premierminister gestartet. Doch nach den Wahlen vom März 2013 und dem Sieg der sozialistischen Siumut-Partei unter Aleqa Hammond wurde die Runde auf Eis gelegt und erst jetzt im Dezember zu Ende geführt. Denn für die neue Regierung in Nuuk ist die Geschwindigkeit, mit der die ehemalige Verwaltung die Ausbeutung der Erdöl und Erdgasstätten vorangetrieben hatte, zu hoch. Regierungschefin Hammond sah und sieht mehr finanzielles Potential im Bergbau bzw. Abbau von Mineralien, beispielsweise «Seltenen Erden». Insgesamt widerspiegelt das Zögern der Regierung die Spaltung der grönländischen Gesellschaft zum Thema fossile Brennstoffe. Denn die Umweltbedenken innerhalb der Gesellschaft sind sehr gross. Andererseits würden die Einnahmen eine grössere finanzielle Unabhängigkeit von Dänemark erlauben. Doch Hammond hatte auch bei Amtsantritt versprochen, das gesamte Steuer- und Einnahmesystem umzubauen, weg von den Firmensteuern hin zu Lizenzierungsgebühren. Zurzeit ist ein Expertengremium dabei, diese Änderungen zu evaluieren. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dies noch eine Weile dauern wird und somit eine Exploration und Ausbeutung der Lagerstätten unwahrscheinlich machen, bis das fiskale System besser definiert ist.
Ökonomische Bedenken der Firmen und Konzerne
Aber nicht nur die politischen Instanzen fangen langsam zu zögern, sondern auch der globale Markt ist aus der ursprünglichen Euphorie erwacht. Denn die abgeschiedene Lage der Felder, das Fehlen einer entsprechenden Infrastruktur und herausfordernde Arbeitsbedingungen lassen die Investitionskosten in immense Höhen schnellen. Als Beispiel dient das Johan Castberg Feld von Statoil in der Barentssee, einem eisfreien Gebiet, das näher an der norwegischen Küste liegt. Der Betreiber Statoil hatte Mitte letzten Jahres seine Pläne dort auf Eis gelegt und als Grund die zu hohen Kosten angegeben. In den Feldern Ostgrönlands wird 500 Mal mehr Öl vermutet als im Johan Castberg Feld. Und es ist wenig wahrscheinlich, dass Statoil seinen Fokus nun in noch abgelegeneres und risikoreicheres Gebiet verlegen wird, auch wenn dort mehr Öl und Gas vermutet wird. Auch ExxonMobil, lange Zeit ein Teil des ursprünglichen Konsortiums, hatte Anfang Dezember 2013 verlauten lassen, dass sie sich aus der Lizenzierungsrunde zurückziehen wird. Es wird vermutet, dass sich die Gesellschaft unter anderem mit der russischen Rosneft auf die russische Arktis konzentrieren wird.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Erdöl und Erdgasgewinnung an der ostgrönländischen Küste trotz grossem Anfangsenthusiasmus keinesfalls gesichert ist, auch wenn die ersten Lizenzen nun ausgestellt worden sind. Es wird wohl noch einige Zeit vergehen, bis in diesem Gebiet grosse Bohrinseln mit ihren brennenden Kaminen zu sehen sein werden. Vielleicht wird dies auch niemals geschehen, trotz schmelzendem arktischen Meereis und Absichtserklärungen der politischen und wirtschaftlichen Vertreter. Für die Natur sicherlich eine gute Nachricht.
Quelle: Kevin Casey, The Arctic Institute, www.thearcticinstitute.org