Nordmeerroute immer noch zu wenig attraktiv für Schifffahrt
Eine neue Studie über die wirtschaftlichen Möglichkeiten und Herausforderungen der arktischen Schifffahrt, die von Forschern des Copenhagen Business School Maritime Division veröffentlich wurde, besagt, dass die Durchfahrtsaison immer noch zu kurz sein wird, um die Investitionen in eisverstärkte Schiffe in den nächsten Jahrzehnten wirtschaftlich zu rechtfertigen. Erst ab 2035 könnte die Arktisroute entlang der russischen Nordküste für einige Schiffe mit einer entsprechenden Grösse wettbewerbsfähig sein.
Die Studie zielt darauf, herauszufinden, ab wann (wenn jemals) die Investition in eisverstärkte Containerschiffe für die Nordmeerroute günstiger sein würde als die Investition in Hochseeschiffe, die nur durch den Suez-Kanal fahren. Die Autoren verglichen ein Schiff auf der Nordmeerroute und einer Kapazität von 8‘000 Container (TEU) mit drei Hochseeschiffen auf der Suez-Route mit Kapazitäten von 8‘000 TEU, 10‘000 TEU und 15‘000 TEU. Als Teil der Studie wurde angenommen, dass das eisverstärkte Schiff entlang der Nordmeerroute nur während der Navigationssaison operiert und die Suez-Route nutzt, wenn Eis die arktischen Gewässer versperrt.
Die Studie der CBS wandte ein innovatives Kalkulationswerkzeug an, um das Jahr zu bestimmen, in welchem eine gegebene Investition in eisverstärkte Schiffe für die Nordmeerroute günstiger sein wird als ein normales Containerschiff entlang der Suez-route. Mit Hilfe des Werkzeugs berechneten die Forscher die Vergleichskosten pro Container und bauten mehr als ein Dutzend Variablen ein, darunter Schiffstyp, Grösse, Motorentyp, Kapazität, Durchschnittsgeschwindigkeit und Distanz, Navigationszeit, Transitgebühren und Ladefaktoren. Gemäss der Autoren der Studie vereint das Werkzeug die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit angewandter Schiffsbautechnik und ist das erste seiner Art, um die Arktisrouten mit den traditionellen Routen zu vergleichen. Zusätzlich erlauben die komplexen Methoden die Erstellung von detaillierten Szenarien um zu verstehen, wie verschiedene Faktoren und Variablen die Nützlichkeit der Nordmeerroute beeinflussen und ab wann eine Rentabilitätsschwelle auftritt. Damit kann ein genauer Blick darauf geworfen werden, wie beispielsweise verschiedene Ölpreise die wirtschaftliche Berechnung für die Schifffahrt durch die Arktis beeinflussen.
Gemäss dem Leiter der Studie, Peter Grønsedt sei „die jährliche Durchfahrtszeit zu kurz, um die höheren Treibstoffkosten und die Investitionskosten für eisverstärkte Schiffe zu kompensieren. Weiter meint er: „ Die Saisons bleiben weiterhin zu instabil um einen strikten Fahrplan erstellen zu können, auf deren Basis die meisten Transportfirmen arbeiten.“ Die Studie analysierte eine Reihe von Szenarien, inklusive „Langsame Fahrt“, um Treibstoffkosten zu sparen. In diesem Fall, so Grønsedt, „könnten die Anbieter zusätzliche Kosten sparen, wenn sie die kürzere Distanz der Nordmeerroute mit reduzierter Geschwindigkeit verbinden könnten. Doch der gegenwärtige Ölpreiszerfall hat den Anreiz zur Nutzung der Arktisroute gemindert, trotz der kürzeren Fahrdistanzen.“
Obwohl die Resultate der Studie implizieren, dass die Arktisroute um das Jahr 2040 wirtschaftlich rentabel werden könnte, ruht die Möglichkeit eines regelmässigen Verkehrs durch die Nordmeerroute auf mehreren wesentlichen Annahmen, auf denen grosse Unsicherheiten lasten. Diese Unsicherheiten beinhalten Schiffsgrösse, Eisbrecherverfügbarkeit, Abschreckungsmassnahmen wie Transit- und Eisbrechergebühren, Treibstoffpreise, Hafenverfügbarkeiten und die weitere Eisabnahme. Auch wenn die eisfreie Navigationszeit weiter wachsen würde und die Treibstoffpreise wieder anziehen würden, könnten die grössten Schiffe auf der Suez-Route immer noch mit niedrigeren Kosten fahren aufgrund der Grössenvorteile. Eine Nutzung der Nordmeeroute liegt also wahrscheinlich noch in weiter Ferne.
Quelle: The Arctic Institute