Antarktische Meeresvögel verhungern langsam wegen steigender Fischerei
Die steigende Nachfrage nach billigem Fisch und Meerestieren hat die Fischereiindustrie mittlerweile auch ins Südpolarmeer getrieben. Dort aber kommen die Schiffe in den Clinch mit den Meeresvögeln und ihrem Bedarf an Nahrung. Durch immer effizientere Fangmethoden haben Pinguine, Seeschwalben und andere Seevögel immer weniger Nahrung und werden so entsprechend ausgehungert. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von französischen und kanadischen Forschern.
Die Fischereiindustrie lässt Meeresvögel wie Pinguine und Seeschwalben verhungern, weil sie mit den Tieren in direkter Konkurrenz um die Nahrungsquellen stehen. Das ist das Resultat einer neuen Studie von Forschern des französischen Nationalen Zentrums für wissenschaftliche Forschung (CNRS) in Montpellier und der Initiative Sea around Us der Universität von British Columbia (UBC) in Kanada. Die Arbeit, die vor kurzem in der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlicht worden ist, zeigt auf, dass die jährliche Nahrungsaufnahme von Meeresvögeln zwischen 1970 und 2010 von 70 Millionen Tonnen auf 57 Millionen zurückgegangen ist. Gleichzeitig stieg der Fischereiertrag potentieller Beutetiere von durchschnittlich 59 Millionen Tonnen in den 70er und 80er Jahren auf über 65 Millionen Tonnen in den vergangenen Jahren. „Die Fischerei bleibt weiter daran, eine schrumpfende Meeresvogelpopulation auszuhungern, wie eine Boa ihre Griff um ihre Beute immer weiter verstärkt“, erklärt David Grémillet, Hauptautor der Arbeit und Forscher am CNRS. „Trotz der Tatsache, dass die weltweite Zahl von Meeresvögel zurückgeht, ist der Stärke des Wettbewerbs zwischen Meeresvögeln und Fischerei gleichhoch geblieben wie zwischen 70er – 80er Jahren und 90er – 2000er Jahren.
Das schrumpfende Nahrungsangebot ist eine Gefahr für die Meeresvögel und macht sie zur am bedrohtesten Vogelgruppe, weil sie in den vergangenen sieben Jahrzehnten um 70 Prozent abgenommen hat. „Seit den 1970er und 80er Jahren haben wir rund ein Viertel aller Pinguine und beinahe die Hälfte de Seeschwalben und Fregattvögel verloren“, sagt Grémillet weiter. „Währenddessen ist der Wettbewerb zwischen Meeresvögel und Fischerei weiter angestiegen, vor allem in Gebieten wie dem asiatischen Schelfgebiet, dem Mittelmeer, der norwegischen See und der kalifornischen Küste.“ Die Forscher kartografierten die Fressgebiete der Meeresvögel, berechneten wieviel und was die Vögel konsumieren anhand der bekannten Fressgewohnheiten und der Kalorienaufnahme. Danach verglichen sie diese Information mit den globalen Karten der Sea Around Us Initiative über Fischereifänge von Arten, die sowohl von den Vogelarten wie auch der Fischerei begehrt werden. „Insgesamt analysierten wir das Verhalten von rund einer Milliarde Seevögel über vier Jahrzehnte, was in etwa 60 Prozent der weltweiten Meeresvögelpopulation entspricht“, erklärt Deng Palomares, Mitautor der Studie und Projektmanager bei der Initiative der UBC. „Die Vogelarten, die sich von Tintenfisch, Krill und kleinen Fischen wie Heringen und Sardinen ernähren, leiden am stärksten darunter.“
Gemäss der Forscher ist dringend Handlungsbedarf geboten, weil die Meeresvögel nicht nur langsam verhungern in diesem unfairen Konkurrenzkampf zwischen ihnen und riesigen Fischereischiffen. Sie werden auch durch das Verstricken in Leinen und Netzen und durch den steigenden Plastikmüll in den Ozeanen bedroht. „Darüber hinaus bedroht sie auch noch die Ölverschmutzung, das Einschleppen von fremden Räubern in die Kolonien, die Zerstörung ihres Lebensraumes durch menschliche Aktivität und Umwelt und Ökologieveränderungen durch den Klimawandel. Tun wir nichts, werden die Meeresvogelpopulationen zusammenbrechen“, sagt Palomares zum Schluss.
Quelle: University of British Columbia