Weddellmeer weiterhin ohne Schutz
Kaiserpinguine, Krill und Krabbenfresser: Das Weddellmeer ist Lebensraum unzähliger Arten und gehört zu den letzten, nahezu unberührten Regionen der Antarktis. Experten aus aller Welt fordern seit Jahren, das Gebiet unter Schutz zu stellen. Für mindestens ein weiteres Jahr lang wird das Weddellmeer allerdings schutzlos bleiben.
Auf der diesjährigen 39. Jahreskonferenz der Internationalen Antarktis-Kommission (CCAMLR) ist erneut über ein Meeresschutzgebiet im antarktischen Weddellmeer verhandelt worden. Dabei ist es nicht gelungen, das seit 2016 diskutierte Schutzgebiet im antarktischen Weddellmeer auszuweisen. Der Vorschlag wurde auch in diesem Jahr wieder durch China und Russland blockiert. „Beide Länder weigern sich, den fragilen Lebensraum der Antarktis zu schützen, und wollen ihn weiterhin rücksichtslos ausbeuten“, so Thilo Maack von Greenpeace.
Das ist ein herber Rückschlag für den internationalen Meeresschutz. „Damit steht fest, dass die Weltgemeinschaft das ausgerufene Ziel, bis Ende diesen Jahres zehn Prozent der Meere zu schützen, krachend verfehlt“, kritisiert auch die Umweltexpertin Steffi Lemke.
Die Tagung fand in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie online und mit nur begrenzter Sitzungsdauer statt. Diese aussergewöhnlichen Umstände erschwerten die Entscheidungsprozesse zusätzlich. „Das Thema ist sehr komplex, und es ist schwer, so etwas auf virtueller Ebene zu besprechen“, so der umweltpolitische Sprecher des Alfred-Wegener-Institutes Stefan Hain. „Wir müssen die Vorurteile und Bedenken Russlands und Chinas ausräumen.“ Dafür sei jetzt wieder ein Jahr mehr Zeit. „Ein solches Schutzgebiet verbietet ja nicht gänzlich die Fischerei, sondern es gibt Gebiete, in denen keine kommerzielle Fischerei erlaubt ist, und solche, in denen kontrolliert gefischt werden darf - auch zu wissenschaftlichen Zwecken.“
„Die Bundesregierung muss endlich auf höchster politischer Ebene aktiv werden, um die notwendige Unterstützung aller CCAMLR-Mitgliedstaaten einzuholen“, unterstreicht Tim Packeiser, Meeresschutzexperte beim WWF. „Angesichts des Klimawandels und der Biodiversitätskrise ist für die einzigartigen Ökosysteme, Lebensräume und Arten im Südpolarmeer ein effektiver Schutz unabdingbar. Uns läuft die Zeit davon. Das Mandat der CCAMLR besteht darin, die Meeresressourcen rund um die Antarktis zu erhalten und sie vor Schaden zu bewahren. Dieser Verantwortung müssen die Mitgliedstaaten endlich nachkommen.“
Immerhin hat der Weddellmeer-Antrag auf dier diesjährigen viertägigen Konferenz neben Norwegen mit Australien und Uruguay zwei weitere offizielle Mitantragssteller gewonnen.
Bereits 2016 wurde der Fachvorschlag zur Ausweisung eines Meeresschutzgebietes im Weddellmeer („Weddell Sea Marine Protected Area/WSMPA“) von der Europäischen Union erstmalig bei der CCAMLR-Kommission vorgelegt. Die wissenschaftlichen Grundlagen dafür hat das Alfred-Wegener-Institut (AWI) zusammengetragen. Bei der Ausarbeitung des Schutzvorschlages wurden Hunderttausende wissenschaftliche Daten aus einem 4,2 Millionen Quadratkilometer grossen „Planungsgebiet“ zusammengetragen und analysiert. Das Ziel lautete, die besonders schutz-bedürftigen Regionen zu bestimmen. Das geplante Schutzgebiet würde sich über eine Fläche von rund 1,8 Millionen Quadratkilometern erstrecken und wäre mit Abstand das grösste Meeresschutzgebiet der Welt.
Quellen: Zeit/WWF