Dünnere Ozonschicht im Süden trotz Erholung des Ozonloches
Ozon hat weltweit seit den 70er Jahren abgenommen. Es wurde abgebaut durch Chemikalien, die in Form von Aerosolen ausgeschüttet wurden. Nachdem die Substanzen verboten wurden, erholten sich Teile der Ozonschicht, ganz besonders über der Arktis und Antarktis. Neuere Forschungen jedoch, die vor kurzem in der Zeitschrift Atmospheric Chemistry and Physics veröffentlicht wurden, zeigen, dass sich der untere Teil der Ozonschicht vor allem in niedrigeren Breitengraden nicht erholt. Die genaue Ursache dafür ist derzeit nicht genau bekannt.
Ozon ist ein Gas, das natürlich in der Stratosphäre in Höhen zwischen 10 bis 50 km gebildet wird. Wegen der intensiveren Sonneneinstrahlung wird es hauptsächlich in tropischen Breiten produziert und verteilt sich weltweit. Die Ozonschicht befindet sich im unteren Teil der Stratosphäre und absorbiert einen Großteil der schädlichen UV-Strahlung von der Sonne, die, wenn sie die Erdoberfläche erreichten würde, die DNA von Pflanzen, Tieren und Menschen schädigen könnte. Wissenschaftler hatten bereits in den 70er Jahren den chemischen Mechanismus diskutiert, der zum Ozonabbau führen könnte, aber erst Mitte der 80er Jahre erkannte man, dass Fluorchlorkohlenwasserstoffe, FCKWs genannt, die vor allem in der Kältetechnik und als Aerosole verwendet wurden, die Ozonschicht tatsächlich zerstörten. Der Effekt war am schlimmsten in der Antarktis, wo sich jedes Jahr im Frühling das Ozonloch bildete.
Im Jahr 1987 wurde das Montreal-Protokoll unterzeichnet, das die Verwendung der FCKWs verbot. In jüngster Zeit gibt es ersten Anzeichen einer Regenration der antarktischen Ozonschicht. Erst kürzlich zeigte eine Studie, dass die niedrigere Chlorkonzentration während des antarktischen Winters eine rund 20 Prozent geringere Ozonzerstörung verursachte als 2005 - das erste Jahr, in dem Chlor und Ozon während des antarktischen Winters vom NASA-Satelliten Aura gemessen wurden. «Wir sehen sehr deutlich, dass Chlor aus den FCKWs im Ozonloch abnimmt und dass dadurch weniger Ozon abgebaut wird», sagte Susan Strahan, eine Atmosphärenwissenschaftlerin des Goddard Space Flight Centers der NASA in Greenbelt, Maryland. Ihre Forschungsergebnisse wurden im Januar 2018 in der Fachzeitschrift Geophysical Research Letters veröffentlicht.
Trotz dieser Erfolgsgeschichte in der Antarktis hat eine andere Forschungsgruppe um Dr. William Ball von der ETH Zürich und dem Physikalisch-Meteorologischen Observatorium Davos World Radiation Centre in der Schweiz kürzlich herausgefunden, dass sich das stratosphärische Ozon in niedrigeren Breiten zwischen 60°N und 60°S nicht auf die gleiche Weise erholt, da es im unteren Teil der Stratosphäre zu einem unerwarteter Ozonabbau kommt. Professorin Joanna Haigh, Mittautorin der Studie und Ko-Direktorin des Grantham-Instituts für Klimawandel und Umwelt am Imperial College London, sagte: «Ozon ist seit den 1980er Jahren weltweit stark zurückgegangen, aber das Verbot der FCKWs, das zu einer Regeneration an den Polen führte, scheint für die niederen Breiten nicht zuzutreffen. Das Schadenspotenzial kann in niedrigeren Breitengraden tatsächlich grösser sein als an den Polen. Die Ozonabnahme ist geringer als wir es vor dem Montreal-Abkommen an den Polen gesehen haben. Jedoch ist die UV-Strahlung in den mittleren Breiten intensiver und mehr Menschen leben dort.» Die Ursache für diesen Ozonrückgang ist nicht mit Sicherheit bekannt, obwohl die Autoren verschiedene Möglichkeiten vorschlagen. Eine davon ist, dass der Klimawandel die atmosphärische Zirkulation verändert und dadurch mehr Ozon aus den Tropen abtransportiert wird. Die andere Möglichkeit ist, dass sehr kurzlebige halogenierte Substanzen (Englisch: very short lived substances, VSLS), die Chlor und Brom enthalten, Ozon in der unteren Stratosphäre zerstören könnten. VSLS umfassen Chemikalien, die als Lösungsmittel, Abbeizmittel und Entfettungsmittel verwendet werden. Eine der Substanzen wird sogar bei der Herstellung eines ozonfreundlichen Ersatzstoffes für FCKWs verwendet.
Dr. William Ball von der ETH Zürich, der die Analyse leitete, sagte: «Die Entdeckung der Ozonabnahme in niedrigeren Breite ist überraschend, da unsere aktuell besten atmosphärischen Zirkulationsmodelle dies nicht vorhersagen. Die kurzlebigen halogenierten Substanzen, VSLS, könnten bei diesen Modellen der fehlende Faktor sein.» Es wurde angenommen, dass die VSLS in der Atmosphäre nicht lange genug überleben, um die Stratosphäre zu erreichen und das Ozon zu beeinflussen, aber mehr Forschung sei nötig. Zur Durchführung der Analyse entwickelte das Team neue Algorithmen, um die Forschungsergebnisse mehrerer internationaler Teams zu kombinieren, die seit 1985 Daten aus verschiedenen Satellitenmissionen miteinander verbinden und eine robuste, lange Zeitreihe erstellen.
Dr. Ball sagte: «Die Studie ist ein Beispiel für die gezielten internationalen Bemühungen, zu beobachten und zu verstehen, was mit der Ozonschicht passiert. Viele Menschen und Organisationen sammelten die zugrundeliegenden Daten, ohne die diese Analyse nicht möglich gewesen wäre.» Obwohl bereits zuvor einzelne Datensätze auf einen Rückgang hindeuteten, hat die Anwendung moderner Fusionstechniken und Zeitreihenanalysen einen langfristigen Trend des Ozonabbaus in der Stratosphäre in niedrigeren Höhen und Breiten aufgezeigt. Die Forscher sagen, dass die Forschung sich nun darauf konzentrieren sollte, genauere Daten über den Ozonabbau zu liefern und heraus zu finden, welche Ursache die wahrscheinlichste ist, zum Beispiel durch Messung der VSLS in der Stratosphäre.
Dr. Justin Alsing vom Flatiron Institute in New York, der eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Implementierung der statistischen Techniken zur Datenzusammenführung übernahm, sagte: «Diese Forschung war nur aufgrund der interdisziplinären Zusammenarbeit möglich. Mein Fachgebiet ist normalerweise Kosmologie, aber die Technik, die wir entwickelt haben, kann in jeder Disziplin verwendet werden, die komplexe Datensätze betrachtet.» Die Studie wurde von Forschern aus der Schweiz, Großbritannien, den USA, Schweden, Kanada und Finnland durchgeführt und umfasst Datensätze aus verschiedenen Satellitenmissionen, einschließlich denen der NASA.
Quelle: Hayley Dunning, Imperial College, London / Science Daily