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Neue Hitzewelle trifft grosse Teile der Arktis

Geschrieben von Dr. Michael Wenger am . Veröffentlicht in Forschung & Umwelt.

Die Arktis wird von einem negativen Rekord nach dem anderen überschwemmt. Letzten Monat wurde klar, dass die maximale Ausdehnung des arktischen Meereises die zweitniedrigste jemals gemessene Fläche war. Letzte Woche wurde eine neue Abnormität vermeldet: eine erneute Hitzewelle traf die Arktis, besonders den Nordpol, und liess die Thermometer um bis zu 18°C höher steigen als normal. Diese Welle dehnte sich von Europa auch bis in die russische Arktis aus.

Die Temperaturen am Nordpol liegen normalerweise bei rund -15°C im Mai und bei etwa -30° im Winter, mit Abweichungen. Doch in den vergangenen Winter wurden ungewöhnliche Anstiege verzeichnet. Die neueste Abweichung liess die Temperaturen um die 0°C ansteigen, was zu einem Abschmelzen des Meereises führen kann. Bild: Michael Wenger
Die Temperaturen am Nordpol liegen normalerweise bei rund -15°C im Mai und bei etwa -30° im Winter, mit Abweichungen. Doch in den vergangenen Winter wurden ungewöhnliche Anstiege verzeichnet. Die neueste Abweichung liess die Temperaturen um die 0°C ansteigen, was zu einem Abschmelzen des Meereises führen kann. Bild: Michael Wenger

In vier der vergangenen fünf Winter hatte der Nordpol dramatische Wärmeeinbrüche erlebt, die normalerweise sehr selten sind. Doch nun ist sogar kurz vor dem Sommer die Temperatur auf sehr ungewöhnlich hohe Werte angestiegen. Wissenschaftler meinen, dass dies zu einem beschleunigten Abschmelzen des Meereises führen kann, welches bereits einen Tiefpunkt erreicht hat. In den vergangenen Tagen ist die Temperatur am Nordpol auf sagenhafte 0° C angestiegen, also rund 17 – 19°C höher als normal. Grosse Teile der Arktis nördlich des 80. Breitengrades sind schon ungewöhnlich warm. Die Durchschnittstemperatur über der gesamten Region ist die wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1958 und liegt rund 10°C über dem normalen Wert von minus 16°C. Durch die einströmende Wärme ist in einigen Regionen das Eis komplett weggeschmolzen. Beispielsweise hat der norwegische Eisservice getwittert, dass das Meereis um Svalbard um rund 82‘000 Quadratkilometer zurückgegangen ist und den zweitniedrigsten jemals verzeichneten Wert aufweist.

Die Eiskarte aus dem Gebiet um Svalbard zeigt deutlich, dass der nördliche Teil bis zur Ostkante von Nordauslandet am 7. Mai komplett eisfrei war. Der grösste Teil des Eises ist weggeschmolzen oder nach Norden gedriftet. Karte: Norwegian Ice Service
Die Eiskarte aus dem Gebiet um Svalbard zeigt deutlich, dass der nördliche Teil bis zur Ostkante von Nordauslandet am 7. Mai komplett eisfrei war. Der grösste Teil des Eises ist weggeschmolzen oder nach Norden gedriftet. Karte: Norwegian Ice Service

Zachary Labe, eine Klimaforscher an der Universität von Kalifornien erklärte, dass ein solcher Stoss an warmer, feuchter Luft in die Arktis einen „lange anhaltenden Abdruck hinterlassen kann“ und das Eis auf einen späteres schnelleres Abschmelzen vorkonditionieren kann. Tatsächlich wurde in einer Studie aus dem Journal of Geophysical Research aus dem letzten Jahr bekannt, dass solche Einbrüche im Frühjahr „ die Meereisschmelze im grossen Ausmass begünstigen“ und zwar vom Sommer bis in den Herbst. Bereits jetzt ist das Meereis des Arktischen Ozeans auf dem Weg zu seiner geringsten Ausdehnung. Das Gebiet der Bering- und der Tschuktschensee hatte noch nie so wenig Eis wie zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Während der grösste Teil der Arktis sich abnormal erwärmt hat, ist die kalte Luft, die normalerweise über der Region liegt, woanders hingedrückt worden. Gegenwärtig liegt sie über dem Zentrum von Grönland und im Süden der Insel, wo die Temperaturen zurzeit rund 20°C unter Normal liegen. Jesper Eriksen, ein Meteorologe des dänischen Meteo-Instituts, twitterte, dass die Temperaturen an der Summit Station, auf dem höchsten Punkt des grönländischen Eisschildes, auf minus 44°C gefallen sei, nahe am bisherigen Rekord von minus 45.6°C im Monat Mai.

Die Karte der Temperaturanomalien zeigt einen klaren Warmluftvorstoss in die Region des Nordpols von Europa aus. Die kalte Luft, die normalerweise über der Region liegt, wurde zur Seite gedrückt und liegt über der russischen Nordküste und der Mitte Grönlands. Die Konsequenzen dieses Einbruches werden sich erst später zeigen. Karte: WeatherBell.com
Die Karte der Temperaturanomalien zeigt einen klaren Warmluftvorstoss in die Region des Nordpols von Europa aus. Die kalte Luft, die normalerweise über der Region liegt, wurde zur Seite gedrückt und liegt über der russischen Nordküste und der Mitte Grönlands. Die Konsequenzen dieses Einbruches werden sich erst später zeigen. Karte: WeatherBell.com

Der Gegensatz zur eisigen Luft über dem Inneren Grönlands und der ungewöhnlich milden Luft über der Arktis führt dafür zu sehr stürmischen Bedingungen über der kanadischen Arktis. Die Erwärmung der Arktis und der Meereisverlust stehen sehr wahrscheinlich in Zusammenhang mit dem Anstieg der Treibhausgase in der Atmosphäre aufgrund menschlicher Aktivitäten. Den am vergangenen Freitag wurde eine NOAA-Studie verfasst, die herausgefunden hatte, dass die „aussergewöhnliche Hitze“, die in der Arktis 2016 gemessen wurde, „nicht ohne den massiven Anstieg von Treibhausgasen in der Atmosphäre hätte stattfinden können“.

Quelle: Jason Samenow, The Washington Post