Der Arktis droht eine Atomkatastrophe
Bei einem schweren Störfall am 24. Mai 1968 an Bord des U-Boots K-27 wurde Radioaktivität freigesetzt. Bei Reparaturversuchen wurden mehrere Besatzungsmitglieder der tödlichen Strahlung ausgesetzt. Vier Seeleute starben noch auf See oder kurz danach im Krankenhaus, ein weiterer starb an den Folgen der Strahlung, die er sich im Hafen während seines Wachdienstes an Bord zugezogen hatte. 30 Seeleute, die an der Bekämpfung des Unfalls beteiligt gewesen waren, starben zwischen 1968 und 2003. Das U-Boot lag nach der Havarie eineinhalb Jahrzehnte vor Anker, bevor es 1982 östlich der Insel Nowaja Zemlija in rund 30 Meter Tiefe versenkt wurde. Damals galt dies als die sicherste Methode weitere Verstrahlung der Umwelt zu verhindern.
Norwegische Forscher stellten nach den neusten Studien nun fest, dass die im Jahr 1982 von den Sowjet-Technikern installierte, provisorische Dichtung bis heute gehalten hat. Die Werte radioaktiven Cäsiums 137 liegen unter jenen, die vor 18 Jahren beim Wrack gemessen wurden. Vor wenigen Wochen ist aber ein Bericht des russischen Umweltministeriums an die Öffentlichkeit gelangt, wonach die nukleare Sicherheit des versenkten U-Bootes nicht mehr gewährleistet sei.
Eindringendes Wasser könnte früher oder später eine nicht kontrollierbare nukleare Kettenreaktion verursachen, heisst es zudem in einem Pressebericht des «Barents-Observer». Es drohe eine atomare Umweltkatastrophe. Daher müsse die K-27 bis 2014 gehoben und die in Metallblöcken eingegossenen Brennstäbe entsorgt werden. Laut norwegischen Experten ist eine Hebung und Bergung des Wracks technisch möglich, aber teuer. Russland versuche nun, internationale Aufmerksamkeit für das Problem zu erregen und finanzielle Unterstützungen zu erhalten. Norwegen hat bereits Anfang September 2012 angedeutet, die russischen Behörden bei der Hebung und Entsorgung der K-27 unterstützen zu wollen.
Ähnliche Probleme bereitet ein weiteres Untersee-Wrack, die K-159. Beim im Oktober 1963 in Dienst gestellte U-Boot ereignete sich am 2. März 1965 ein Zwischenfall bei dem radioaktives Material in den eigentlich strahlungsfreien Sekundärkreislauf des Druckwasserreaktors und damit in den gesamten Antriebsstrang gelangte. Das Boot wurde erst ab 1967 überholt, wobei auch grosse Teile des Antriebs ausgetauscht wurden. Die K-159 wurde schliesslich am 30. Mai 1989 ausser Dienst gestellt. Ohne weitere Massnahmen wurde das U-Boot in der Marinebasis «Gremicha» verankert, selbst die Kernbrennstoffe wurden dabei nicht entfernt. 2003 erhielt die Marine schliesslich Gelder aus dem internationalen Fonds zur umweltgerechten Entsorgung der K-159 und weiterer Boote. Da sich die K-159 in schlechtem Zustand befand und zu sinken drohte, waren bereits seit Jahren vier grosse leere Tanks als Pontons an ihren Rumpf vertäut, um das Boot über Wasser zu halten.
Am 28. August 2003 sollte der Schlepp zu einer Werft in Poljarny beginnen, zehn Seeleute waren an Bord des U-Bootes. Am 30. August wurde das Boot durch über die verrotteten Stopfbuchsen eindringendes Wasser plötzlich hecklastig. Später riss die See einen der noch aus dem Zweiten Weltkrieg stammenden Pontons weg, worauf das Boot einige Stunden später in 238 Meter tiefem Wasser versank. Mit ihr gingen sieben Mann der Besatzung unter, zwei weitere wurden tot geborgen, einer überlebte. Der deutsche Sender ARD, der am 25. September 2012 in einer Sendung des «Report Mainz» auf die nuklearen Gefahren durch gesunkene Sowjet-U-Boote aufmerksam gemacht hatte, zeigte Fotos von einer Expedition aus dem Jahr 2007. Darauf sind offene Luken und grosse Löcher im Rumpf der K-159 zu sehen. Russland hatte vor fünf Jahren daraufhin angekündigt, das Wrack aus 240 Meter Tiefe bergen zu wollen. Bisher ist die Bergung aber nicht erfolgt.
Quelle: Barents-Observer